Ironman 70.3 Gdynia

8. August 2016

Was war das für ein Rennen! Und dabei hat es so mittelmäßig angefangen: ein seltsam unbehagliches Schwimmen und viel Wind am Rad haben meine Motivation schon früh auf eine harte Probe gestellt. Doch alles von Anfang an…!

Viele wundern sich vielleicht, warum ich wohl ein Rennen in Polen absolviere. Doch die Erklärung ist ganz einfach: ich wollte unbedingt Anfang August noch einen 70.3 bestreiten und habe deshalb Clemens die Entscheidung überlassen, ob es Wiesbaden oder Gdynia werden sollte. Und Clemens hat sich – ohne zu zögern – für Polen entschieden, um danach noch etwas Zeit in den Masuren und im letzten Urwald Europas zu verbringen.

So kamen wir also am Freitag Abend nach 13stündiger Autofahrt im Courtyard Hotel Waterfront an (übrigens ein heißer Tip für alle, die auch mal hier starten möchten!) und erkundeten noch etwas die Gegend. Gleich am nächsten Morgen fand dann ein Probe-Schwimmen im Startgelände des Ironman statt, das praktischerweise nur einen Steinwurf vom Hotel entfernt lag. Es war ein spannender Moment, erstmals in die Ostsee einzutauchen und das Gefühl im Wasser zu testen. Und so salzig wie erwartet war das Wasser gar nicht…! 🙂

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Nach einem ausgiebigen Frühstück verbrachten wir den weiteren Tag dann damit, die Startunterlagen abzuholen, einen Stadtbummel durch das benachbarte Danzig zu machen, mein Bike einzuchecken und auch sonst noch die letzten Vorbereitungen für den großen Tag zu treffen.

Am Sonntag in der Früh ging’s dann endlich los: Fahrrad und Wechselbeutel noch einmal kontrollieren, Verpflegung anbringen und ab zum Start, der für meine Welle um 08:10 Uhr geplant war. Mit großem Donnerknall wurden die einzelnen Startwellen ins Wasser gelassen, wobei mein Start leider nicht ganz ideal verlief. Normalerweise kann ich mich nach den ersten paar hundert Metern etwas frei schwimmen und dann relativ unberührt meinen Plan zu Ende bringen, doch hier in Polen war alles anders. Ich war von Anfang bis Ende der Schwimmstrecke in einem mega Pulk unterwegs, weshalb ich auch mehrmals heftige Schläge abbekam. Zweimal mußte ich stehen bleiben, um meine verrutschte Brille zu richten und das eingedrunkene Wasser zu entleeren. Auch die Wellen machten mir zu schaffen, die, vor allem wenn wir parallel zur Küste unterwegs waren, meine Atmung beeinträchtigen. Aber nach 37:49 Minuten konnte ich dann endlich wieder Festland betreten und erleichtert auf’s Fahrrad steigen.

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Doch auch hier sollte ich die ersten Kilometer auf eine harte Probe gestellt werden. Vom Landesinneren wehte uns ein so starker Gegenwind ins Gesicht, daß ich mich gar nicht traute, auf meinen Aero-Lenker zu liegen. Die Böen waren teilweise so stark, daß ich nicht einmal trinken konnte, denn dafür hätte ich ja eine Hand vom Lenker nehmen müssen… Zudem gingen die ersten Kilometer nur bergauf hinein ins Landesinnere, weshalb mein Kilometer-Schnitt bis auf 25km/h herab sank und ich so meine Ziele alle wieder einmal mehr davon schwimmen sah. Doch wenn ich eines von Obertrum gelernt habe: aufgegeben wird nur ein Brief und kämpfen lohnt sich bis zum Schluss! Und so sog ich alle Anfeuerungsrufe vom Streckenrand in mich auf, nutzte jeden kleinen Zwischenerfolg, um mich weiter zu pushen, und merkte dann auch bald, daß ich tatsächlich schneller wurde. Die etwas mehr als 750 Höhenmeter dürften dann auch wirklich hinter mir gelegen haben, denn im letzten Drittel ging es – gefühlt – nur mehr bergab. Schon einige Kilometer vor Gdynia hatte ich dann endlich meinen heiß ersehnten 30er-Schnitt erreicht und kam schließlich mit einem riesen Glücksgefühl wieder in der Wechselzone an.

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Hoch motiviert ging es also noch auf die Laufstrecke, die ich ebenfalls nicht kannte und die – auf 3 Runden verteilt – angeblich 177 Höhenmeter in sich hatte. Gleich auf den ersten Metern merkte ich, daß ich gute Beine hatte, freute mich auf eine erste Kennenlern-Runde und war dann extrem begeistert, wieviel Publikum am Streckenrand jubelte und uns unermüdlich beklatschte. Gerade auf den lang gezogenen Bergauf-Passagen war das unglaublich hilfreich und hat mich zusätzlich gepusht. Auch Clemens tauchte immer wieder an verschiedenen Stellen unerwartet auf, machte Fotos und zauberte mir ein Lächeln aufs Gesicht! Und so verging Runde um Runde, bis ich schließlich auf der letzten Schleife auf die Uhr sah und realisierte, daß sich mein Traum-Ziel, die Marke von 5:45 Stunden zu knacken, leicht ausgehen müßte. Im letzten Anstieg gab ich dann nochmal alles und liebäugelte sogar noch mit einer Zeit unter 5:40 Stunden. Daß es im Ziel dann 5:38:55 Stunden waren, konnte ich kaum glauben! Überwältigt und total glücklich fiel ich Clemens in die Arme und war einfach nur außer mir vor Freude!

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Insgesamt war das Rennen und unser Ausflug nach Polen nicht nur wegen dieses tollen Ergebnisses eine Reise wert, sondern ist für mich vor allem wegen der Erfahrungen, die ich machen durfte, von enormer Bedeutung. Ich weiß nun, daß ein Rennen auch dann erfolgreich verlaufen kann, wenn Startschwierigkeiten auftreten, wenn unangenehme oder unerwartete Dinge passieren und einfach nicht alles so läuft, wie man es sich vorgenommen hat. Denn eine Mitteldistanz ist lange. Es kann viel passieren, negatives wie positives, und daher gilt: niemals aufgeben, immer dran bleiben! Ich glaube, daß ich gerade für meine erste Langdistanz nächstes Jahr wieder viel gelernt habe und gehe nun mit großer Motivation und „starkem Kopf“ in die Vorbereitung!

Ich freue mich schon drauf und halte euch natürlich auch weiterhin am Laufenden! Denn es gibt noch viel zu tun bis Klagenfurt!

Bis bald, eure

Angelika.

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