Klagenfurt oder die Erfüllung eines Traumes

4. Juli 2017

Während ich jetzt hier sitze und auf Wolke 7 schwebe, konnte ich mir noch vor ein paar Tagen kaum ausmalen, was die nächsten Stunden wohl bringen bzw. ob ich mein langersehntes Ziel erreichen würde: nämlich einen Ironman auf der Langdistanz zu finishen. 3 Tage Klagenfurt – und hier kommt die Geschichte zu meinem bisher größten Erfolg:

Freitag Mittag – Stau in Salzburg. Wie immer startete mein Weg ins Wochenende, doch diesmal nicht nach Hause, sondern gen Süden, nach Klagenfurt zur Austragungsstätte des 19. Ironman Austria. Noch relativ ruhig und kaum nervös kamen wir in unserer Unterkunft (ein mega Hotel und Top-Tip: feel good Boutique Hotel Egger) an, liehen uns Räder aus und fuhren schnurstracks zum Ironman-Gelände beim Klagenfurter Strandbad!

Nach dem ersten Erinnerungsfoto im Eingangsbereich trafen wir auch gleich auf unsere Vereinskollegen, die alle im Merchandising-Zelt Erinnerungs-T-Shirts mit unser aller Namen darauf probierten. Das Hallo war natürlich riesen groß, und so langsam machte sich doch auch die erste Aufregung bemerkbar. Wir holten schließlich gemeinsam unsere Startunterlagen ab, und zumindest für Oli und mich war der nächste Schritt ganz klar: wir mussten ins Ryzon-Zelt, um uns dort ein Foto mit Jan Frodeno abzuholen! Wir stellten uns also wie Teenies in die Schlange und erhielten als Belohnung sogar eine Unterschrift auf unseren T-Shirts!

 

Nach einer Stärkung mit Nudeln und Pizza in unserer mittlerweile schon bewährten Strandbar machten wir uns noch zu einem Meet&Greet mit den Pros bei der Airstreeem-Lounge auf, bis wir dann müde und glücklich von den Eindrücken des ersten Tages im Hotel ins Bett fielen.

Auch am Samstag war wieder dichtes Programm angesagt: gleich um 10 Uhr wurde zur Wettkampf-Besprechung gerufen, an die wir dann um 11:30 Uhr noch die First-Timer-Führung in der Wechselzone anhängten. Wir konnten uns dabei schon mal unsere Wege aus und ins Gelände sowie die Stellplätze der Bikes bzw. Wechselbeutel einprägen und hatten somit leichtes Spiel beim Bike-Check-In.

Clemens und ich fuhren mit unseren Leihrädern über Mittag nochmal heim ins Hotel, aßen eine kleine Mittagsjause und machten uns dann fertig für den Check-In. Da ich aufgrund der vormittäglichen Übung schon sehr vertraut war mit der Wechselzone, benötigte ich nicht viel Zeit, um alles an Ort und Stelle zu deponieren und für den folgenden Renntag vorzubereiten. Wir hatten somit noch genügend Gelegenheit, uns einen schönen Italiener zu googeln, den wir in der Klagenfurter Innenstadt fanden und der uns die perfekte Pasta-Party bereitete. Einem tollen Renntag konnte somit nichts mehr im Wege stehen!

03:50 Uhr, 02.07.17: Der Wecker klingelte, und ich war sofort hell wach! Keine Sekunde zögerte ich, sprang aus dem Bett und zog mir meinen Rennanzug über. Fast schon meditativ füllte ich ein Gel nach dem anderen in meine Trinkflasche und verdünnte alles noch mit etwas Wasser. Ich hackte meine Powerbar-Riegel klein und füllte sie samt Powerbar-Drops in meine neu gekauften Oberrohr-Täschchen, sodass ich während des Rennens gar nicht erst mit Auspacken und Papiermüll beschäftigt sein würde. Sonnencreme drauf, leichtes Butterbrot-mit-Honig-Frühstück im Hotel, und schon gings – wiederum mit unseren Leihrädern – zur Wechselzone, um die letzten Handgriffe vor dem Rennen zu erledigen.

 

 

 

 

 

 

Es hatte etwas abgekühlt, war bewölkt, aber trocken, und somit stand einem perfekten Renntag nichts mehr im Wege! Zur Freude vieler Athleten war sogar Neo erlaubt, was unter kollektivem Aufatmen erst eine Stunde vor Rennbeginn bekannt gegeben wurde. Da ich keine Angst vor dem Schwimmen habe, war mir prinzipiell egal, wie die Entscheidung ausgehen würde, doch vielleicht hat mir – im Nachhinein gesehen – genau der Neo die paar Minuten Zeit gebracht, um unter 12 Stunden zu finishen…

Pünktlich um 06:40 Uhr wurden dann die Pro’s ins Wasser gelassen, bevor ab 06:50 Uhr der Rolling Start der Altersklassen-Athleten begann. Ich hatte mich bei einer prognostizieren Endzeit von 1’10-1’15 Stunden eingeordnet, was für mich sehr ambitioniert war, doch ich hoffte auf einen super Wasserschatten der anderen Athleten, die mich so vielleicht noch etwas pushen könnten. Und genauso war es auch! Ich fühlte mich sowohl auf den See hinaus, wie auch auf dem Rückweg immer in einer tollen Gruppe aufgehoben und fand auch immer Beine vor mir, die mir Wasserschatten boten. So dauerte es nicht lange, bis wir den Lendkanal erreichten, der noch einige 100 Meter in Richtung Landesinnere bewältigt werden mußte. Schon bald war ein deutlicher Sog zu bemerken, der mich quasi „auf der Welle“ mitnahm und mir das Schwimmen deutlich erleichterte. Ich hatte das Gefühl, mitgezogen zu werden hinein ins Landesinnere, ohne groß etwas tun zu müssen, und genoss diesen letzten Abschnitt – nicht zuletzt wegen der vielen Zuschauer an den beiden Uferseiten – sehr. So kam ich nach 1:12:48 Stunden schon aus dem Wasser und konnte kaum glauben, was ich da für eine sensationelle Zeit auf meiner Uhr sah. Ich glaube im Nachhinein, diese erste positive Überraschung machte mich so glücklich, daß ich sozusagen fortan „im Flow“ war.

Ich rannte in die Wechselzone, bejubelt von hunderten Zuschauern, die seitlich der Gitter standen, schnappte mir mein Bike und machte mich auf, meine Angst-Disziplin genauso positiv zu bewältigen: das Radfahren. Ich kam gleich in einen tollen Rhythmus, ass und trank viel (um ja nie in einen Hungerast zu kommen) und brachte die ersten 30 Kilometer im Nu hinter mich. Leider dürfte ich dabei aber wohl etwas zu viel gegessen und/oder getrunken zu haben, weshalb ich – vor allem in der Aero-Position – Magenkrämpfe bekam. Ich versuchte, gelassen damit umzugehen, keine Panik zu bekommen und mich bei jeder Steigung gut aufzurichten, um den Druck im Magen los zu werden. An den Ladestationen nahm ich nur mehr Cola zu mir und verzichtete auf zusätzliche feste Nahrung, weshalb sich die Krämpfe immer mehr besserten und in der 2. Runde schlussendlich ganz weg waren. Vorsichtig begann ich nun wieder, aus meiner Gelflasche zu trinken und auch den ein oder anderen Drop bzw. Riegel-Brocken zu mir zu nehmen, was bestens funktionierte und mir wieder Selbstvertrauen brachte. Trotz meiner Probleme hatte ich die erste Runde genau in meiner geplanten Zeit von 3:07 Stunden geschafft, und auch die zweite war mit 3:09 Stunden nicht viel langsamer. Glücklich und dankbar, ohne Panne oder sonstige größere Probleme wieder in der Wechselzone zu sein, hängte ich mein Fahrrad auf und holte mir den Wechselbeutel mit den Laufsachen. Mein erster Gedanke am Weg hinaus auf die Strecke war: jetzt muss ich nur noch heim laufen…! 🙂

 

 

 

 

 

 

Doch wie legt man dieses „heim laufen“ an, wenn man noch nie einen Marathon gelaufen ist? Und das nach 180 Kilometern Radfahren?

Ich beschloss, einfach mal in einem gemütlichen Tempo loszulaufen, zu sehen, wie sich alles so anfühlt, ob alle Muskeln, Bänder und Gelenke noch „bei mir“ sind, und so gut wie möglich die tolle Atmosphäre aufzusaugen. Ich nahm mir 4 Päckchen Gel-Smoothies mit auf die Reise, die ich der Einfachheit halber in der Hand trug und von denen ich mir bei jedem kleinen Schwäche-Gefühl einen Shot genehmigte. Die ersten Kilometer durch die vielen Zuschauer und am Hafen entlang liefen super und führten mich in Richtung unseres Hotels nach Krumpendorf. Dort wartete auch schon Clemens auf mich, der den ganzen Tag über tolle Fotos gemacht hatte und mich auch hier wieder mit aufmunternden Worten empfing.

Durch Krumpendorf durch waren einige langwierige Schleifen zu laufen, bevor es wieder zurück zum Hafen und schließlich in die Innenstadt nach Klagenfurt ging. Die Temperaturen waren immer noch super angenehm, und dank der vielen Ladestationen waren auch immer ausreichend Schwämme zur Kühlung vorhanden. Neben meinen Smoothies trank ich fortan nur noch Wasser und ein paar Schlucke Cola, die meinem Magen richtig wohl taten. Mit einer Pace von 5’50, mit der ich ursprünglich gestartet war, konnte ich den ersten Halbmarathon zwar knapp nicht fertig laufen, aber ich pendelte mich schlussendlich bei ca. 6’15 ein, was ich auch bis zum Ende durchhalten konnte. Vor allem die vielen gehenden Männer, die wohl am Rad zuviel Kraft investiert hatten und an denen ich nun vorbei laufen konnte, motivierten mich zusätzlich. Außerdem begann ich – vielleicht auch aus Langeweile in den Schleifen um Krumpendorf – mir ein Rechenbeispiel auszudenken: unter der Annahme, daß ich zumindest eine Pace von 6’30 laufen würde, dürfte meine Uhr, wenn ich unter 12 Stunden finishen wollte, bei Kilometer 32 (also 10km vor Schluß) nicht mehr als 10:55 Stunden anzeigen, um das Ziel noch zu schaffen. Und als ich dann tatsächlich bei Kilometer 32 ankam und die Uhr nur 10:47 Stunden anzeigte, war ich komplett aus dem Häuschen! Nun wußte ich, ich werde es schaffen! Ich lief konzentriert weiter, hoch motiviert und die bisherigen Strapazen fast vergessend, und näherte mich Schritt für Schritt der heiß ersehnten Finishline. Die Kilometer rückwärts zählend, 5,4,3,… kam ich schließlich wieder im Zuschauer-Park an, wo mich die unglaublichen Fan-Clubs von Triathlon Mattigtal und des Trumer Triteams empfingen. Ich bog ab in die Seeufer-Promenade, wo Clemens in der Ecke zum Ziel-Kanal auf mich wartete und dem ich mit einem riesen Grinsen und Tränen in den Augen die Zeit auf meiner Uhr zeigen konnte! Fast alleine betrat ich dann den roten Teppich der Finishline und empfand es als riesen Glück, so den Weg hinauf zum Zielbogen ohne Stress genießen zu können. Ich klatschte beim Moderator sowie bei Paul Kaye ab und hörte fast wie in Trance die magischen Worte: NOW YOU ARE AN IRONMAN!!! Mit Gänsehaut und riesen Glücksgefühlen ging ich die letzten Meter die Brücke hinauf und wußte: jetzt war es geschafft!

Es ist schwer zu beschreiben, was in so einem Moment in einem vor sich geht, aber es war sicher einer der schönsten Augenblicke, die ich je erleben durfte! Ich war (und bin) so dankbar, daß sich alles so gut gefügt hat, daß das Wetter so perfekt war, kein Regen, aber auch nicht zu heiß, daß ich keine Pannen oder sonstigen Unfälle hatte, daß mein Körper so gut mitgespielt und mir nie Schmerzen bereitet hatte (außer die Magenkrämpfe, mit denen ich Gott-sei-Dank umgehen lernte), daß ich so tolle Freunde habe, die unermüdlich an der Strecke bis hin zum Faakersee gestanden sind und mich lautstark unterstützten, daß mein Trainer Dani Recht behalten hatte und ich meinen ersten Marathon auch ohne riesen Umfänge schaffen konnte, und vor allem, daß ich den besten Mann an meiner Seite habe, der mich in allen meinen Verrücktheiten kompromisslos unterstützt! Vielen Dank!

Da ich immer noch ein bißchen high und kaum zurechnungsfähig bin, hoffe ich, daß ich niemanden vergessen habe und möchte mich gleichzeitig bei euch allen bedanken, die ihr mich vor Ort, am Live-Tracker oder in Gedanken so toll unterstützt habt! Ich hatte das Gefühl, auf einer Welle von „good vibes“ zu schwimmen, und es ist einfach wunderschön, soviel Unterstützung auf die unterschiedlichste Art zu erfahren! Danke auch für die vielen Rückmeldungen und Nachrichten – ihr habt mich komplett sprachlos gemacht!

Jetzt heißt es aber erst mal: einen Gang zurück zu schalten, zu regenerieren und meinen braven Körper zu belohnen, um dann nach meinem Urlaub wieder mit voller Kraft an den nächsten Projekten zu arbeiten! Ich freu mich schon darauf und hoffe, ihr begleitet mich weiter!

Bis bald und stay tuned,

Eure Angelika.

1 Kommentar

  1. Dr. Schähle sagt:

    Super Angelika!
    Bin sehr stolz eine solche Tochter zu haben! Aber bitte übertreib es nicht. Nochmals herzliche Gratulation!
    Papa u. Didi

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