Polen

17. August 2016

Schlechte Straßen, verfallene Häuser, Überbleibsel eines Ostblockstaats – so hatten wir uns Polen abseits der großen Städte vorgestellt. Doch wir wurden schnell eines besseren belehrt…!

Nachdem ich am 07.08. so erfolgreich beim Ironman 70.3 in Gdynia teilgenommen hatte, durften wir nämlich noch eine Woche Urlaub anhängen und hatten am Plan, einerseits die wasserreiche Gegend der Masuren und andererseits den letzten Urwald Europas im östlichsten Teil Polens ganz an der weißrussischen Grenze zu besuchen. Gebucht hatten wir noch nichts, und so machten wir uns montags in der Früh einfach einmal auf den Weg…

Als erstes verschlug es uns nach Marienburg, einer ehemaligen Kreuzritter-Burg des Deutschen Ordens, die nicht weit süd-östlich von Danzig am Ufer der Nogat gelegen ist und nach ihrer großflächigen Zerstörung im 2. Weltkrieg wieder originalgetreu restauriert wurde. Ein erhabener Backsteinbau, der uns mächtig Respekt einflößte…!

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Gleich im Anschluß fuhren wir weiter ins Herz der Masuren, einer riesigen Seenlandschaft, deren Gewässer alle durch eine Vielzahl an Flüsschen, Bächen und Kanälen miteinander verbunden sind. Wir landeten in Mikolajki, einem Fischer- und Touristenort, der uns – am Sniardwy-See gelegen – gleich in seinen Bann gezogen hat. Fasziniert von der tollen Lage und dem bunten Treiben rundherum fanden wir auch gleich eine tolle Unterkunft, die uns die nächsten 3 Nächte beherbergen sollte.

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Room with a view…

Am nächsten Tag beschlossen wir, einen Ausflug nach Krutyn zu machen, um dort auf der gleichnamigen Krutynia eine Kayak-Ausfahrt zu unternehmen. Wir mieteten also ein Boot und paddelten schlußendlich knapp 3 Stunden lang in herrlichster Fluss- und Waldlandschaft dahin, bis wir 15 Kilometer später in Ukta ankamen, von wo aus uns ein Shuttle zurück zu unserem Ausgangspunkt brachte. Ein unglaublich schönes Erlebnis, das auf keiner Masuren-Reise fehlen darf!

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Noch am selben Nachmittag machten wir uns erneut auf, von Mikolajki zu Fuß den sogenannten Schwanensee zu finden (Luknajno-See), der als Naturschutzgebiet und Biosphärenpark gilt und bis zu 2000 Schwäne beheimatet. Nach einigen Umwegen fanden wir tatsächlich den Weg und gelangten zu einem Aussichtsturm, von dem aus wir einen schönen Blick über den durchschnittlich nur 0,6m tiefen See hatten.

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Der folgende Tag war der einzige, der uns wettermäßig etwas im Stich gelassen hatte, und so beschlossen wir schnell, die umliegende Gegend heute mit dem Auto zu erkunden, ein sogenannter Mot-Marsch also…! Dabei umrundeten wir – meist auf schottrigen Pfaden – den gesamten Sniardwy-See und besichtigten auch die Halbinsel um Popielno, auf der Tarpan-Pferde (polnische Wildpferde) leben und sich ein zoologisches Forschungszentrum der polnischen Wissenschaftsakademie mit Pferden, Bibern und Kühen befindet. Den krönenden Abschluß dieses Ausflugs bildete eine Überfahrt mit der alten Auto-Fähre über den Beldany-See, die uns wieder heimwärts brachte.

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Nun hieß es auch schon wieder Abschied nehmen von den Masuren. Denn weiter ging es mit unserem Roadtrip in Richtung Osten, wo uns bei Bialowieza ganz an der weißrussischen Grenze der letzte echte Urwald Europas erwartete. Auch hier landeten wir in einem Traum-Hotel, das uns sogleich mit Fahrrädern ausstattete und uns für den nächsten Tag eine Urwald-Tour organisierte.

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Mit den Fahrrädern bewaffnet, erkundeten wir noch am gleichen Nachmittag die nähere Umgebung, radelten zum Kraftort Miejsce Mocy, wanderten durch den nahen Tierpark mit Wisenten und Rotwild, bis wir schließlich nach einem Besuch der Königseichen wieder zum Hotel zurück kehrten. Gleich am nächsten Tag in der Früh erwartete uns dann schon unser Führer, ein deutsch-sprachiger, 70jähriger Einheimischer, der sein Leben lang in der ansässigen Forstschule unterrichtet hatte und den Urwald daher wie seine Westentasche kennt. Unter Urwald hatten wir uns allerdings etwas anderes vorgestellt: ein dichtes Gestrüpp von undurchdringbarem Dickicht vielleicht oder überwucherte und kaum auffindbare alte Pfade… Doch der letzte Urwald Europas stellte sich uns als sehr freundlich vor: hell, licht und voll mit über 40m hohen und mächtigen Baumriesen! Beeindruckend! Das Kern- und Schutzgebiet des Urwaldes ist dabei eine ca. 50km² große Fläche, auf der kein einziger Baum jemals von Menschenhand gepflanzt wurde. Alles ist total ursprünglich; die Baumriesen, die umfallen (darunter bis zu 450 Jahre alte Eichen!), werden zu Hummus und bieten neuen Bäumen die Chance, ans Licht zu wachsen; nichts wird gefällt, gepflanzt oder sonst gepflegt (außer unserem ca. 6km langen Wanderweg). Und so bietet der Wald bis zu 5.500 Pflanzen-, 3.500 Pilz- und 8.500 Tierarten ein einzigartiges Zuhause. Voll mit neuen Eindrücken und angestachelt von den Erzählungen des Führers über wilde Wisent-Herden machten wir uns zu Sonnenuntergang dann noch einmal mit den Fahrrädern auf den Weg, um die angrenzenden Wälder zu inspizieren. Doch trotz Fernglas waren leider weder Wisente, noch Wölfe oder Luchse zu erspähen (Gott-sei-Dank, denn ein bißchen mulmig war mir schon zumute…!)!

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Insgesamt war unsere Polen-Reise ein einziges Natur-Festspiel! Wir genossen die lebendige Stimmung und sportliche Atmosphäre in den wasserreichen Masuren genauso wie die abgeschiedene Weite und Einsamkeit der Wälder an der östlichen Grenze zu Weißrussland, wir wurden überall herzlich empfangen und königlich beherbergt; die Dörfer bieten da wie dort bäuerlichen Charme und luden zum Verweilen ein. Und je mehr wir nach Osten kamen, umso deutlicher kam dieses Gefühl zum Vorschein. Wir waren einfach begeistert und werden sicher wieder nach Polen reisen, und das natürlich nicht nur wegen eines Triathlons!

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