Challenge Wanaka

27. Februar 2016

Vor genau einer Woche sind wir in Neuseeland gelandet, um eines meiner größten Triathlon-Abenteuer zu absolvieren, das ich mir vorstellen konnte: nämlich am anderen Ende der Welt die 10. Challenge Wanaka zu finishen! Heute sitze ich nun gechillt auf meinem Hotelbett in Punakaiki und kann diesen Traum nun nochmal revue passieren lassen.

Die Challenge Wanaka wird immer als „the most scenic triathlon of the world“ beschrieben, und so spukte mir natürlich schon lange die Idee im Kopf herum, hier einmal teilzunehmen – vor allem da wir ja Verwandte in Neuseeland haben und sich somit sogleich „2 Fliegen mit einer Klatsche“ fangen ließen… 🙂

Doch je näher das Abenteuer kam, desto aufgeregter wurde ich und desto verrückter kam mir der Plan eigentlich vor. Denn wer kommt schon auf die Idee, sich – direkt aus dem europäischen Winter kommend – in einen See zu stürzen, ohne „Außentraining“ Rad zu fahren und bei bis zu 30°C die Laufschuhe anzuziehen…?!

Aber wie schon bei vielen anderen verrückten Ideen ließ ich mir meine Selbstzweifel auch hier natürlich nicht anmerken, startete hoch motiviert meine Vorbereitungen und freute mich schlussendlich riesig auf alles, was mich erwarten würde.

Letzten Donnerstag begab ich mich also das erste Mal nach Downtown-Wanaka und holte beim Pembroke Park – direkt am Lake Wanaka gelegen – meine Startunterlagen ab. Neu war für mich, daß jedes Rad und jeder Helm, bevor sie am Abend vor dem Rennen in die Wechselzone gebracht werden dürfen, vom örtlichen Bike-Händler auf Sicherheitsstandards überprüft und mit einem Sticker versehen werden, ohne den ein Eintritt in die Wechselzone verwehrt würde…

Ich machte noch eine kurze Probefahrt, um nach dem langen Flug und der De- und Wiedermontage des Bikes sicher zu gehen, daß alles passte und freute mich dann nach dem Sicherheits-Check schon auf die Pasta-Party am Pembroke Park. Anders als bei uns wurde dieses Event hier in Wanaka richtig zelebriert, indem die Pro’s alle anwesend waren und teilweise auch vorgestellt wurden, die Organisatoren sowie Charity-Organisationen zu Wort kamen und schließlich auch – zur großen Erheiterung aller – Steve Gurney (ein neuseeländischer Triathlon- und Coast-To-Const-Hero) eine lustige Ansprache als Motivationstrainer hielt. Die Veranstaltung war sehr toll aufgezogen und machte Athleten und Begleitern gleich noch mehr Lust auf das Rennen am Samstag.

 

 

 

 

 

 

 

Tags darauf beschlossen Clemens und ich, uns Mountainbikes auszuleihen und die Laufstrecke abzufahren, einerseits um uns etwas aufzulockern, andererseits aber auch, um die tolle Landschaft und Umgebung Wanakas etwas genauer kennen zu lernen. Wir hatten einen Traum-Tag, und die Bilder, die entstanden, sind eines kitschiger als das andere. Clemens war fast ein bißchen neidisch darauf, daß ich diese Wahnsinns-Strecke am nächsten Tag noch einmal laufen darf…

Und so klingelte dann samstags früh um 4:50 Uhr der Wecker – Race-Time! Unsere Vermieter waren so nett, uns bereits um 5:30 Uhr ein Frühstück vorzubereiten, sodass wir schon kurz vor 6 Uhr wieder am Pembroke Park standen, um nocheinmal das Bike zu checken und die Wechselbeutel an die richtigen Stellen zu deponieren. Der Morgen war wunderschön, leuchtend rot kündigte sich ein wunderbarer Tag an, doch der Wind pfiff eisig und unerlässlich über den See. Mit mulmigem Gefühl wanderten wir ans Ufer und betrachteten den Wellengang, der so stark war, daß die Challenge-Markierungsbojen immer wieder aus der Verankerung gerissen wurden. In den letzten Tagen dachte ich über das Schwimmen kaum nach und grübelte am meisten über meine Laufperformance, doch an diesem Morgen war mir plötzlich ganz schlecht, wenn ich über den See sah oder auch an die windige Radstrecke dachte…

 

 

 

 

 

 

 

Mit etwas Verspätung kam es dann zum Start der Pro’s, Frauen und Männer gleichzeitig. Wir hatten Yvonne van Vlerken versprochen, ihr ihren Rückstand auf die schnellsten Schwimmerinnen mitzuteilen, da sie ohne Betreuer am Start war und niemanden kannte. Umso mehr zitterten wir mit ihr mit, da sie am Start noch zweifelte, wie sie diese Wellen überleben sollte. Doch zu unserer – und wie sie uns später mitteilte – auch ihrer eigenen Überraschung kam sie gleich mit der ersten Frauengruppe um Gina Crawford und Laura Siddall aus dem Wasser und wechselte sogar als erste auf die Radstrecke. Unser Auftrag war somit erledigt, und ich konnte mich auf meinen eigenen Start konzentrieren!

 

 

 

 

 

 

 

Gott-sei-Dank waren die Wellen mittlerweile durch den Sonnenaufgang etwas weniger geworden, der Wind hatte sich etwas beruhigt, und so wurde mir in meinem schwarzen Neo sogar schon etwas warm! Der See war mit ca. 18°C sowieso sehr angenehm, weshalb sich meine zittrige Aufregung langsam legte und ich mich beruhigt ans Einschwimmen machte. Schneller als gedacht, wurden wir dann aufgefordert, uns zum Wasserstart zu bewegen, und – zack – ging es auch schon los!

Ich kann mich erinnern, daß ich noch bei den ersten Schwimmzügen grinsen mußte – jetzt war ich also mittendrin in der Challenge Wanaka! Einfach verrückt…! Ich hatte beschlossen, bedächtig los zu schwimmen, mich gut gegen die Wellen zu behaupten, schön nach links zu atmen (da der Wind von rechts kam) und mir keinen Stress im Hick-hack des Startgetümmels zu machen. Und so hatte ich einen super Start, kam gut in meinen Rhythmus und merkte auch bald, daß ich ruhig noch etwas Tempo zulegen konnte. Bereits nach der ersten Wendeboje waren die Wellen dann schon nicht mehr so störend, denn von da an schwammen wir eher mit der Strömung als dagegen. Und so kam ich schließlich nach 36:22 Minuten mit neuer persönlicher Bestzeit aus dem Wasser und war total baff, daß alles so gut geklappt hatte. Ich schnappte mir meinen roten Wechselbeutel und war wenige Minuten später auf der Radstrecke, die sich schon wunderbar in der Sonne präsentierte.

 

 

 

 

 

 

 

Gleich am Ortsausgang sah ich noch Clemens am Straßenrand liegen, der in allen Lagen versuchte, tolle Fotos von mir zu schießen, bevor es dann hinaus in Richtung Glendhu Bay ging. Da ich die Radstrecke noch nicht kannte, war ich ganz schön überrascht, daß es von Beginn an doch gleich ziemlich auf und ab ging. Außerdem hatten wir krassen Gegenwind, der manchmal auch ganz schön böig von der Seite kam. Ich wußte, daß es bei Glendhu Bay einen Turning Point gab, sodass ich mich immerhin darauf freuen konnte, beim Rückweg dann Rückenwind zu genießen. Doch weit gefehlt! Als es soweit war, blies der Wind mindestens genauso heftig von vorne wie bisher. Ich konnte in den Bergab-Passagen auch kaum am Aufleger liegen, da ich vor den Böen Angst hatte und mir lieber war, den Lenker richtig in der Hand zu haben. Das anstrengendste Teilstück der Strecke war für mich dann die Passage bis Lake Hawea – landschaftlich zwar der Hammer, aber wieder so windig, daß ich mich auch an den Abwärtsstellen gleich langsam fühlte wie bergauf… Meine Zielzeit von unter 6 Stunden hatte ich sowieso schon lange abgehakt, und so versuchte ich, diese wirklich härteste Radstrecke meines Lebens noch gut über die Bühne zu bringen und mich dann auf einen schönen Abschluss-Lauf zu freuen. Nach 3:37 Stunden erreichte ich wieder die Wechselzone und machte mich erleichtert auf die unglaublich schöne Laufstrecke, die ich vom Vortag ja schon kannte.

 

 

 

 

 

 

 

Mittlerweile hatte sich das Wetter etwas verschlechtert, ein kleines Sommergewitter war aufgezogen und versprühte auch schon den ein oder anderen Nieselregen. Zum Laufen war das ideal, denn etwas Abkühlung von oben kam mir gerade recht. Ich trabte gut gelaunt über die ersten welligen Kilometer am Ufer des Lake Wanaka entlang, genoss die tolle Atmosphäre und die Anfeuerung auch von Clemens, bevor es dann auf den Outlet Track ging, einen wunderschönen Wanderpfad dem Flusslauf bis nach Alberttown folgend. Von dort führte uns die gefürchtete Gunn Road ca. 3 km bergauf zu einer Hügelkette, über die wir dann schlussendlich wieder nach Wanaka gelangten. Als ich dem Seeufer entlang nur noch die letzten Kilometer vor mir hatte, öffneten sich dann plötzlich die Himmelsschleusen vollständig, und ein kräftiger Regenguss entlud sich über der Stadt. Doch weder Zuschauer, noch Fans oder Volunteers hielt das davon ab, uns weiterhin ordentlich einzuheizen und uns anzufeuern. Sie standen alle da, ohne Regenschutz oder Schirme, klatschten und jubelten, als ob nichts wäre, und motivierten uns, bis zum Schluss auf dem roten Teppich Gas zu geben. Klitsch-nass, aber super happy erreichte ich dann nach 6:37 Stunden das Ziel und erhielt die heiß ersehnte Finisher-Medaille!

Auch wenn ich mit der Zeit überhaupt nicht zufrieden war, hatte dieses Rennen doch unglaublich viele Höhepunkte. Nicht nur meine Schwimmzeit war angesichts der Umstände genial, die Landschaft war rundherum einfach beeindruckend und die Stimmung an und auf der Strecke einfach unvergleichlich. Nicht nur die Volunteers und Zuschauer waren toll, auch die Athleten untereinander gingen so toll miteinander um, wie ich es noch selten erlebt hatte. Schon auf der Radstrecke war das Miteinander unglaublich, kaum ein Athlet, der beim Vorbeifahren nicht ein paar aufmunternde Worte gerufen hätte. Vor allem „Shannon“ wird mir noch länger im Gedächtnis bleiben, mit dem ich mich beim Radfahren immer wieder gematcht hatte: als ich ihn beim Laufen überholte, rief er: Angelika, where have you been all the time? Ich antwortete: I was too tired on the bike…! Und dann er wieder: But now you’re running really strong. I hate you for that! 🙂

Wanaka wird uns sicher wieder sehen – beim nächsten Mal gewappnet und hoffentlich gut vorbereitet auf alle Windverhältnisse! We’ll come back stronger!

P.S.: Clemens bekommt übrigens auch langsam Lust auf Triathlon! 🙂

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