Elsinore oder unsere Reise zu den Wikingern

27. Juni 2019

Elsinore (dänisch: Helsingor) ist eine kleine Stadt nördlich von Kopenhagen, die an der engsten Stelle des Öresund liegt und für Schloss Kronborg, den Schauplatz von Shakespeares Hamlet, bekannt ist. Doch was treibt uns genau dorthin? Es war natürlich nicht Shakespeare und auch nicht die kleine mittelalterliche Altstadt, die uns magisch anzog, sondern wieder einmal ein Ironman 70.3! Genauer gesagt, reifte mein Wunsch, Kopenhagen zu besuchen, schon lange in mir heran, als wir nämlich mit der Firma eine Ostseekreuzfahrt veranstaltet und leider nur minimal Zeit für einen kurzen Zwischenstop in Kopenhagens Nyhavn hatten. Seither wollte ich immer hierher zurück kehren, und was gibt es da besseres, als den Besuch mit einem Ironman zu verbinden…! 🙂

Erster Stop unserer Reise war also Elsinore! Früh morgens um 3 Uhr fuhren wir am Freitag los, querten – Gott-sei-Dank problemlos – ganz Deutschland und erreichten zu Mittag Dänemark. Über Jütland, den kleinen Belt und schließlich den großen Belt kamen wir am Nachmittag bei strahlendem Sonnenschein in Elsinore an, das uns sofort verzauberte.

Direkt vor Schloss Kronborg war das Ironman Gelände aufgebaut, samt Schwimmstart, Wechselzone und Zieleinlauf, und mit Registrierung und Streetfood Market in angrenzenden alten Werfthallen. Man hatte das ganze Gelände zentral und übersichtlich vor sich, und wir konnten nach der Registrierung auch gleich beim Volkstriathlon 4-18-4 etwas Wettkampfluft als Zuschauer schnuppern. Nach diesen ersten Eindrücken machten wir uns müde, aber glücklich auf zu unserem Hotel Comwell Borupgaard in Snekkersten, einem Glücksgriff auf unserer Reise: denn es handelte sich um ein ehemaliges Herrenhaus in einem wundervollen Park, modern renoviert und in hellem skandinavischen Design! Einfach wunderbar zum Entspannen und Vorbereiten auf einen Wettkampf!

Nach einem entspannten Frühstück, das wir gemeinsam mit dem einen oder anderen Pro (wie Ruedi Wild oder Patrick Nilsson) einnahmen, machte ich meine Ausrüstung fertig, packte meine Wechselbeutel und beklebte Rad und Helm, um im Anschluss meinen Race-Check-In zu erledigen. In Elsinore war es nämlich möglich, den ganzen Vortag über entspannt einzuchecken, sodaß es keine langen Warteschlangen oder Staus gab. Wir fuhren also wieder in die Altstadt und erledigten die offiziellen Dinge: Bike in der Wechselzone abgeben, Wege zum Bike einprägen, Zeitnehmungschip ausfassen sowie Wechselbeutel für Radfahren und Laufen aufhängen. Vor dem Race-Briefing war dann sogar noch Zeit für einen kleinen Altstadt-Bummel, den wir gemütlich in einem Cafe ausklingen ließen. Auch am Nachmittag stand natürlich Erholung und Kräfte sammeln im Fokus, was uns um die Kronborg sowie im modern restaurierten Werftgelände wunderbar gelang. Einem perfekten Wettkampftag stand also nichts mehr im Wege…

Race-Day…! 5 Uhr früh Tagwache! Für Ironman-Verhältnisse eigentlich sehr spät, denn der Schwimmstart der Profis war ja erst für 8:30 Uhr ausgeschrieben. So staunte ich nicht schlecht, als um halb 7 Uhr auch Javier Gomez noch ganz entspannt beim Frühstück saß… Hier im Norden schien einfach alles viel relaxter von statten zu gehen…!

Ca. 1 Stunde vor dem Start der Profis erreichten wir dann wieder das Renngelände, ich kontrollierte die Luft am Bike, brachte meine Trinkflaschen an, überprüfte, ob meine Wechselbeutel noch an ihrem Platz hingen und gab schlussendlich meinen Streetwear-Bag ab. Ich war froh, nun alles los zu sein und nur noch mit Neo und Schwimmbrille bewaffnet zum Start wandern zu können. Die Temperaturen hätten besser nicht sein können, und um den Neo schon anzuziehen, war es sogar fast zu warm.

Aufwärmen im 17° Grad kühlen Meer wollte ich aber trotzdem nicht, und so widmete ich mich meinen üblichen Aufwärm- und Yogaübungen an Land.

Fanfaren – Donnerschüsse! Es ging los! Die Profis waren im Wasser! Nun sollte also auch ich mich langsam bereit machen für meinen Start. Es gab 6 verschiedene Startgruppen (mit Badekappen in blau, lila und 4 weiteren Farben), die wiederum in 3 Klassen (schnell, mittel, langsam) unterteilt waren. Ich reihte mich dabei in die 2., also lila Gruppe (erwartete Schwimmzeit 33 bis 36 Minuten) ein und stellte mich in die schnelle Sektion der 3 Klassen. Allerdings dürften sich hierher auch einige Schwimmer verirrt haben, die sich deutlich überschätzt hatten, wie sich später heraus stellen sollte. Es wäre für mich also durchaus auch möglich gewesen, bei den blauen Badekappen mitzuschwimmen… Aber egal – so hatte ich halt einige Überholmanöver mehr zu schwimmen, was auch eine gute Übung war…

Alle 5 Sekunden wurden 3 Athleten ins Wasser gelassen, und ziemlich genau um 09:00 Uhr war dann auch ich an der Reihe! Wir liefen über den Steg zu einer Leiter, die Stufen hinunter und… platsch! Ein Mini-Startsprung eröffnete mir meinen Renntag! Das Wasser war tatsächlich kühl, aber durch die relativ lange Wartezeit an der Sonne war ich eh so aufgeheizt, daß es sich richtig fein anfühlte! Ich fand schnell einen guten Rhythmus und schwamm immer wieder auf vor mir schwimmende Athleten auf. Einen gleichmäßigen Wasserschatten fand ich somit keinen, aber durch das Aufschwimmen auf vor mir liegende Schwimmer war trotzdem immer wieder ein Sog gegeben. Ich fühlte mich sehr wohl und freute mich riesig, als ich auch Clemens immer wieder am Pier neben mir her gehen sah! Der Schwimmkurs war nämlich sehr Zuschauer-freundlich gestaltet, indem wir schwimmend das gesamte erweiterte Hafenbecken mit einer Zusatzschlaufe nach innen umrundeten!

Zack – Schwimmausstieg! Schon hatte ich die 1. Disziplin hinter mir! Und ich staunte nicht schlecht, als die Uhr 33:25 Minuten anzeigte! So schnell war ich noch nie! Yesss! Also ab auf’s Rad und in gleichem Stil weitermachen! Ich lief die lange Strecke in die Wechselzone, schnappte mir meinen Bike-Beutel, Socken an, Helm auf, Neo in den Beutel und ab zum Rad! Da eine ziemlich lange Strecke auf der Wiese entlang der Wechselzone zuerst nach hinten gelaufen werden musste, war es erlaubt, die Schuhe erst später anzuziehen, und so lief ich in den Socken so schnell ich konnte in Richtung Rad!

Ich wusste, daß mir der Bike-Kurs von Elsinore eigentlich gar nicht liegt, da er ziemlich flach ist und man von Anfang bis Ende konstant drücken musste. Doch gerade deswegen stachelte er auch meinen Ehrgeiz an, heute etwas Besonderes zu versuchen und die 3-Stunden-Marke einmal deutlich zu unterbieten. Wenn ich es also schaffen sollte, im Durchschnitt knapp 31 km/h zu fahren, sollte eine Zeit von unter 2:55 Stunden möglich sein!

Gesagt – getan! Mit vollem Ehrgeiz ging ich gleich von Anfang an ans Werk und genoß dabei noch die schöne Natur an der Küstenstraße entlang. Wir mussten zuerst eine Schleife mit ca. 62 Kilometern nach Westen drehen, bevor wir wieder zurück kamen und noch eine weitere Runde von 28 Kilometern zurück legen mussten. Gerade auf der zweiten Schleife fiel mir das konstante kraftvolle Treten schon ziemlich schwer, aber ich versuchte, beständig das Beste aus mir heraus zu holen. Als die „Dismount-Line“, also die Linie, an der die Wechselzone wieder betreten wurde und daher abgestiegen werden musste, plötzlich vor mir auftauchte, ging es mir dann sogar fast etwas zu schnell…! Nur schnell den Runden-Knopf auf der Uhr drücken, mein Rad an die Bike-Catcher abgeben, die es dann wieder aufhängten, und ab zum roten Run-Bag!

Puh – mittlerweile war es heiß geworden! Das merkte ich erst jetzt so richtig, als der Fahrtwind vom Rad fehlte…! Und die Beine waren schwer! Seeehr schwer! Aber ich hatte ja vor, eine neue persönliche Bestzeit aufzustellen, also gab es keine Ausreden! Einfach weiter, immer weiter, bis es vorbei ist! Und irgendwann ist es sicher vorbei! Das war mein Mantra auf der 1. von 3,5 Runden, die wir laufen mussten: einmal um die Kronborg (teilweise auf gemeinem sandigem Schotter) und einmal eine Altstadt-Schlaufe – und das ganze 3 Mal! Der krönende Abschluss war dann noch ein 4. Mal eine Burgrunde, bevor der Zieleinlauf mitten im Hafengelände wartete!

Komischerweise verbesserte sich mein Gefühl auf der 2. Runde, wahrscheinlich auch deshalb, weil ich die Strecke nun kannte und immer wusste, was mich nach der nächsten Kurve erwartete. Die 3. Runde war dann fast ein Homerun und konnte auch von der 4. Kronborg-Schleife nicht mehr getrübt werden! Ich flog dem Ziel entgegen und konnte dort meinen Augen nicht trauen! Die Uhr zeigte eine Gesamtzeit von 5:20 Stunden an! Was für ein Traum! Gleich um 18 Minuten konnte ich somit meine persönliche Bestzeit verbessern, was sicher großteils auf die gute Leistung am Rad zurück zu führen ist! Es war zwar eine einfache Strecke, aber 32,8 km/h muss man ja auch erst einmal über 90 Kilometer treten! Ich war einfach stolz wie Bolle!!!

Trotzdem war die Leistungsdichte hier in Elsinore unglaublich hoch und an einen Slot für die WM nicht zu denken: von insgesamt 82 Starterinnen in meiner Altersklasse wurde ich 24., wobei gleich 14 Konkurrentinnen unter 5 Stunden geblieben sind…! Einfach unglaublich! Aber ein umso größerer Ansporn, dran zu bleiben und es irgendwann auch zu schaffen! 🙂

Was hier so großartig begonnen hat, haben wir in den folgenden Tagen in Kopenhagen dann noch weitergeführt: ein wunderbarer Urlaub in Dänemark, mit viel Emotionen, toller Natur, wunderbaren Eindrücken und zum Schluss sogar noch einer Belohnung im Rapha-Store in Kopenhagen! 🙂

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